Ein Interview mit Herr Schmidt-Tancredi, Leiter des Direktoriums 2 im Referat OB
Herr Schmidt-Tancredi, was macht die Transformation von einem Theater in ein Staatstheater so herausfordernd?
Am 18. April 2018 verkündete der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder in seiner Regierungserklärung, dass das Theater Augsburg künftig ein Staatstheater sein wird. Einen Monat später stand fest, dass die Überführung des Theaters Augsburg bereits zum Beginn der Spielzeit 2018/2019 vollzogen sein soll.
Hierfür war eine Überführung des Theater Augsburgs, das bislang als städtischer Eigenbetrieb fungierte, in eine Stiftung Staatstheater Augsburg erforderlich. Dies stellte nicht nur einen Rechtsformwechsel dar, sondern eine rechtliche Verselbständigung. Damit einher ging, dieses neue Rechtssubjekt mit Leben auszufüllen und sicherzustellen, dass dieses eigenständig handlungsfähig ist.
Somit mussten innerhalb von nicht einmal vier Monaten während des laufenden Spielbetriebs umfangreiche und vielschichtige Abstimmungen zwischen den verschiedenen städtischen Akteuren wie Kulturreferat, Theater, Personalrat, Personalamt, Kämmerei usw. erfolgen und dabei die unterschiedlichsten Belange berücksichtigt werden.
Außerdem mussten innerhalb dieses extrem sportlichen Zeitplans die umfangreichen Verhandlungen mit dem Freistaat Bayern zum Abschluss gebracht werden. So war in diesem Zeitraum nicht nur das Errichtungsgesetz zur Stiftung Staatstheater Augsburg zu erstellen und abzustimmen, sondern neben vielen weiteren Regelungswerken auch die Stiftungssatzung und der Personalüberleitungsvertrag.
Selbstverständlich waren während des gesamten Prozesses auch immer die politischen Gremien einzubinden: Elementarer Grundsatz war dabei stets die regelmäßige und transparente Weitergabe von Informationen. Dies hat auch dazu beigetragen, dass sämtliche erforderlichen Gremienbeschlüsse einstimmig erfolgten.
Und heute können wir stolz sagen: Augsburg kann seit 1.9.2018 mit einem Staatstheater punkten.
Was bedeutet die Umwandlung für die Beschäftigten des Theaters?
Vereinfacht ausgedrückt, hat sich für die Mitarbeiter nur der Name des Arbeitgebers geändert: Ihr Arbeitgeber ist nun nicht mehr die Stadt Augsburg, sondern die Stiftung Staatstheater Augsburg. Sie haben entsprechend dem Personalüberleitungsvertrag keinerlei finanzielle Einbußen. Die Überführung der bislang städtischen Mitarbeiter auf die Stiftung erfolgte statuswahrend und zudem dauerhaft und dynamisch. Damit ändert sich weder etwas an der Höhe des Gehalts, an dem jeweiligen Tarifvertrag, an der Teilhabe künftiger Tarifsteigerungen noch an der Altersversorgung. Auch die bislang eingebrachten Überstunden können beim neuen Arbeitgeber ebenso geltend gemacht werden wie beispielsweise noch vorhandene Urlaubsansprüche. Die Mitarbeiter des Staatstheaters können auch weiterhin die Sozialleistungen der Stadt Augsburg in Anspruch nehmen und werden bei internen Stellenausschreibungen der Stadt Augsburg auch als interne Bewerber behandelt.
Es war uns extrem wichtig, für die Mitarbeiter des Theaters eine reibungslose Fortführung der Arbeitsverhältnisse ohne irgendwie gearteten Nachteile sicherzustellen. Jeder einzelne Mitarbeiter wurde selbstverständlich detailliert zu den Rechtsfolgen des Betriebsübergangs informiert.
Welcher Einfluss bleibt der Stadt auf das Staatstheater und wie wirkt sich das auf den städtischen Haushalt aus?
Das Theater Augsburg unterlag als Eigenbetrieb bislang der Aufsicht und Kontrolle der Stadt Augsburg. Diese Aufgaben übernimmt nunmehr der Stiftungsrat. Er besteht aus insgesamt sechs Mitgliedern, paritätisch besetzt von der Stadt Augsburg und dem Freistaat Bayern. Aus dieser Zusammensetzung ist ersichtlich, dass sich der Freistaat und die Stadt Augsburg die Verantwortung für das Staatstheater Augsburg teilen. Die Stadt Augsburg gibt also den Kurs für das Theater künftig nicht mehr allein vor. Mit der Kostenbeteiligung des Freistaats Bayern erhöht sich natürlich auch dessen Einfluss. Allerdings ist allein durch die Tatsache, dass sämtliche Entscheidungen des Gremiums einstimmig erfolgen müssen, sichergestellt, dass keine Entscheidungen gegen den Willen der Stadt Augsburg getroffen werden können.
Das Defizit des Staatstheaters Augsburg wird vom Freistaat Bayern und der Stadt Augsburg hälftig finanziert. Die Tatsache, dass sich der Freistaat Bayern nun mit 50 % dauerhaft am Defizit beteiligt, stellt für das Theater und die Beschäftigten eine große Sicherheit dar.
Für die Stadt Augsburg bedeutet die Erhöhung des staatlichen Finanzierungsanteils zum 1.9.2018 eine Entlastung bereits im Wirtschaftsjahr 2018/2019. Nachdem der Etat des Staatstheaters zur Erreichung der angestrebten Qualitätssteigerung perspektivisch in den kommenden Jahren erhöht werden soll, wird sich allerdings auch die Entlastung der Stadt Augsburg reduzieren.
Nachdem die für den städtischen Haushalt zuständige Finanzbürgermeisterin Mitglied des Stiftungsrats ist, kann diese bei den Finanzplanungen für das Theater entsprechend mitwirken. Damit ist ein Abgleich des Etats mit dem städtischen Haushalt sichergestellt und eine Überforderung der Stadt in finanzieller Hinsicht ausgeschlossen.